Das Wollgras

Wogendes Wollgras im Frühjahr, das weiße Tupfer auf die braunen Flächen zaubert

Im Frühling bietet das Moor ein besonderes Naturschauspiel – ab April ist die Zeit der der weißen Wochen im Moor: Das Wollgras steht in voller „Blüte“- wie man sagt- und doch den Fruchtstand meint. Wollgräser besitzen Früchte an langen, weißen Wollfäden, die das Moor in ein Meer aus Wattebauschen verwandeln.
Man unterscheidet zwei Arten:

Schmalblättriges Wollgras
Das Schmalblättrige Wollgras (Eriophorum angustifolium) vermehrt sich über Ausläufer. Auf Wiedervernässungsflächen sieht man es daher dicht an dicht in Rasen beieinander stehen. Doch je höher der umgebende Torfmoosrasen, desto mehr verlagert sich die seitliche Ausbreitung über Ausläufer hin zu einer übereinander gelagerten Ausbildung – das schmalblättrige Wollgras wächst nicht nebeneinander, sondern mit dem Aufwachsen des Torfmoosrasens übereinander – im Stockwerkwuchs. Auch hier sterben die unteren Pflanzenteile ab, während die oberen Stockwerke weiter wachsen. Die Ausläufer erlauben es der Pflanze auch, die neu geschaffenen Lebensräume in den Wiedervernässungsflächen rasch zu besiedeln. Sie können auf den nackten Torfen schnell großflächige Rasen bilden. Im Herbst verfärben sich die Blattspreite der Pflanzen rot, so dass ein Rasen rot wogender Gräser sich im Wind wiegt.
Augenfälliger jedoch ist die Besonderheit der Wollgräser: die weißen Wollbüschel – Ährchen mit den Früchten des Grases, mit zu langen, weißen Borsten umgewandelte Blütenblätter –, die an der reifen Frucht verbleiben und so stark vermehrt sind, dass sie einen Schopf weißer Haare bilden. Die Haare markieren daher die Frucht und nicht die Blüte – wie man fälschlich sagt. Das Schmalblättrige Wollgras besitzt 3-5 manchmal sogar bis zu 8 solcher gestielten und nickend hängenden Wollbüschel am Ende der Pflanze. In früheren Zeiten hat man diese Wollbüschel gesammelt und als Isolierung in Mauerritzen oder als Füllen in Kissen gestopft. Als Heilpflanze galt sie als Mittel gegen Durchfall, die jungen Triebe wurden als Stärkungsmittel im Frühling gegessen. 

Das Scheiden-Wollgras (Eriophorum vaginatum)
Von der Schwesterart, dem schmalblättrigen Wollgras, ist das Scheiden-Wollgras auch aus der Entfernung gut zu unterscheiden: Neben dem horstartigen Wuchs, sieht auch die Blüte bzw. die Wollbüschel der Frucht völlig anders aus: Nur eine einzige endständige, aufrechte Ähre bildet am Ende des Stängels das weiße Wollköpfchen. Das Scheiden Wollgras erinnert also im Wuchs an einen Graskopf mit langenstieligen Wollspitzen als Haare. Die Blütezeit ist schon zeitig im Frühjahr, die auffälligen weißen Wollbüschel der Frucht zeigen sich ab April/Mai und prägen die Moore mit ihrem Meer aus weißen Wollbüscheln. 
Gras mit Pioniercharakter: In den wassergefüllten Schlenken und nassen Bereichen der Wiedervernässung kommt das Scheiden -Wollgras mit seinen charakteristischen Gras-Bulten als einer der ersten Neubesiedler vor. In Anpassung an die Sauerstoffarmut durch den ständigen Wasserstau bläht das Gras seine Blattscheiden auf: Es bildet blattumgreifende, scheidenförmige Blätter aus. Über die Jahre entstehen immer dichtere, aufwachsende Grasbulte. Diese vertorfen zu langen Fasern, die als „Fasertorf“ oder umgangssprachlich „Kuhfleisch“, in den Torfhorizonten über lange Jahre erhalten bleiben. Den Torfstechern früherer Zeiten dürfte es schwer gefallen sein, diese Fasern mit dem Sticker zu durchstechen. Es wird auch von experimentierfreudigen Jugendlichen berichtet, die die Fasen in Zeitungspapier gerollt zu rauchen versucht haben – sie haben zumeist diesen Versuch mit verbrannten Augenbrauen bezahlt und das Rauchen des Fasertorf aufgegeben.
Schon früh im Jahr treibt das Gras aus- weshalb sie als Futterpflanze für die Schafe der Moorkolonisten aber auch für viele Insekten eine wichtige Rolle spielt.

Meine Tipp:

 

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Autor

Dr. Silke Hirndorf
49716 Meppen

Organisation

Int. Naturpark Bourtanger Moor - Veenland e.V.
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