Bienenfresser - Ein bunter, geflügelter Neubürger im Naturpark Bourtanger Moor

Wie der Klimawandel seltene Vögel in den Norden lockt.

Experten schätzen, dass der Klimawandel 30 % der einheimischen Pflanzen und Tiere bedroht - sie schwinden z.B. mit dem Austrocknen der Gewässer oder durch Dürrezeiten. Gleichzeitig gibt es aber auch Arten, die von den Veränderungen in der Vegetation- und Landschaftsstruktur profitieren. Es sind hauptsächlich wärmeliebende Offenlandarten, die aus den südlicheren Teilen Europas bis zu uns in die offenen Moorgebiete des Naturpark Bourtanger Moor ziehen. Einige von diesen Gewinnern des Temperaturanstiegs kann man heute schon mit Glück im Naturpark beobachten: So meldeten Ornithologen - wie u.a. der Naturparkführer Erik Bloeming - im Jahr 2020 Beobachtungen aus dem Bargerveen von seltenen Vögeln wie dem Gleitaar (Greifvogel aus den Steppen Afrikas), dem Schwarzmilan (Greifvogel aus den kontinentalen Gebieten Osteuropas), dem Kamingimpel (Singvogel aus Südosteuropa) und über den Bienenfresser (Mittelmeerraum) im Bargerveen. Oft sind es Streifvögel, die am Rande ihres Areals neue Landstriche auskundschaften und so mit etwas Glück als Gast zu beobachten sind.

Moore als Trockensteppe?
Die Moorlandschaften des Naturparks sind seit jeher von lichter Vegetation und hoher Wassersättigung geprägt. In den kurzen, heißen Sommern erwärmt sich der schwarze Torfboden stark. Temperaturschwankungen von bis zu 40 °C sind innerhalb eines Tages möglich. Die Natur hat sich daran angepasst. Um diesem zu begegnen, weisen typische Moorpflanzen wie die Heidegewächse Anpassungen (z.B. einen ausgeprägten Verdunstungsschutz) auf. - Trockenanpassungen, obwohl sie im nassen Moor stehen? - Dies ist zum einem dem geringen Nährstoffangebot, zum anderen der hohen Sonnenexposition und den hohen Temperaturen im Moor geschuldet. Dazu weht über die fast baumlose Weite des Moores ein steter Wind. Diese lichte Vegetation mit trockenheitsangepassten Pflanzen, erinnert fast an die Lebensbedingungen in den südlicheren Gebieten Europas und Nordafrikas. Dort bilden sich lichte Graslandschaften, Macchien und Steppen aus.
Neuntöter und Bienenfresser im Bargerveen
Mit dem Temperaturanstieg finden nun vermehrt auch wärmeliebende Vögel den Weg zu uns in den Naturpark Bourtanger Moor, dessen weite Moorflächen scheinbar einen ähnlichen Lebensraum bieten. So kommt schon seit einigen Jahren der Neuntöter (Lanius collurio) im Bargerveen, einem der Natura 2000 Vogelschutzgebiete des Naturparks, vor. Es ist das größte Brutvorkommen dieser mitteleuropäisch verbreiteten Art in den Niederlanden. Berühmt ist er, wie der Name schon anmutet, aufgrund der Tatsache, dass er seine Beute als Vorrat auf Pflanzendornen aufspießt: Vorratshaltung auf Vogelart! Derzeit wird im Norden des Bargerveens ein Biotop nach seinen Bedürfnissen angelegt: Offene Landschaft mit einzelnen Gewässern und Heckenelementen, die der Neuntöter als Sitzwarte nutzen kann. Durch die intensive Landnutzung haben die Bestände in den letzten Jahren wieder stark abgenommen. Die Schaffung neuer Habitate im Bargerveen kommt ihm, aber auch den anderen, wärmeliebenden Steppenbewohnern zugute, hofft Naturparkführer Erik Bloeming.
Bienenfresser (Merops apiaster) in den Mooren des Naturparks? Es sind Vögel, die man sonst nur aus den Urlauben am Mittelmeer kennt. Sie sind Höhlenbrüter in steilen Sandbänken an Gewässern oder in Kiesabbaugebieten. Zum Jagen benötigen sie eine offene, strukturreiche Landschaft, in der sie die Insekten im Flug erbeuten können. 
Eine türkise Brust und knallig orange Flügel zieren den ca. 28 cm großen Vogel, der mit dem schillernden metallisch blauen Eisvogel verwand ist. Ein heller Kopf und die leuchtend gelbe Kehle verleihen ihm ein wahrhaft farbfrohes Erscheinungsbild. Auffällig sind, sein langer spitzer Schnabel und der lange Schwanz, dessen mittlere Federn verlängert sind. Pfeilschnell zischt er durch die Luft, um im Flug Insekten zu erbeuten – der Name verrät schon, dass jede Biene ihm gerade recht kommt. In der Regel bekommt er sie auch zu fassen: Mit über 90 % Trefferquote ist er ein wirklich guter Jäger. Wer sich nun fragt, wie er es schafft, dass er dabei nicht gestochen wird, dem sei verraten: Fängt der Bienenfresser eine Hummel, Biene, Wespe oder Hornisse, so fliegt er mit ihr im Schnabel zuerst zu einer Sitzwarte und durchknetet seine Beute, indem er sie gegen Äste reibt und schlägt. Dabei leert er den Giftstachel und die Giftblase, sodass er die Beute anschließend gefahrlos fressen kann. Der Bienenfresser mag es gesellig: Er brütet dicht an dicht in Höhlen, die er sich in steilen Sandhängen baut. Bei den Bienenfressern geht es ziemlich emanzipiert zu: Die beiden Geschlechter sehen nicht nur identisch aus, sie teilen sich auch die Brut. Dem geht eine auffällige Brautwerbung voraus. Die Balz wird lautreich durch „prüüt prüüt“ Rufe begleitet und das Männchen muss fleißig Geschenke an die Angebetete verteilen, bis das Weibchen sich für ihn entscheidet. Beide graben dann zusammen die Bruthöhle.

Vogelhütte für Naturfotografen in Emmen- ein Paradies für Naturfotografen im Naturpark Moor
Der Bienenfresser galt bis in die 1990ziger Jahren in Deutschland als ausgestorben. Nur im warmen Rheingraben, am Kaiserstuhl, kam er zu dieser Zeit noch vor. Seither berichten die Ornithologen von stetiger Zunahme der Brutpaare. Heute kommt er in vielen Regionen z.B. im Kyffhäuser in Thüringen, in Baden Würtenberg und sogar wieder in Niedersachsen vor. Dort allerdings nur mit wenigen Bruten. Vogelzüchter, Hobby-Ornithologe und professioneller Naturfotograph Jan Willem Klein Tiessink, hat mitten im Naturpark Moor, direkt am Stadtrand von Emmen eine 1.100qm große Freifluganlage mit Fotohütten errichtet, wo man die Bienenfresser beim Brüten und bei der Jungenaufzucht direkt vor die Linse bekommt. Dem Bienenfresser ist der fotografierende Besuch in der Hütte direkt vor seiner Kolonie herzlich egal: Er brütet dort sehr erfolgreich!
Jan Willem berichtet, dass ab Ende Juli die Jungtiere an den Höhleneingängen zu sehen sind. Sie rufen nach den Altvögeln und beantworten deren Rufe. Die Alttiere fliegen dabei mit Futter im Schnabel an der Bruthöhle vorbei, um die Jungen nach draußen zu locken.
Sein Sohn Henk Jan Klein Tiessink vermietet tageweise die Vogelbeobachtungshütte seines Vaters, die den besten Blick auf die Bruthöhlen der Vögel garantiert. Der junge Mann (geb. 1998) hat erkannt, dass die Leidenschaft seines Vaters, seltene Vögel zu züchten und die anstrengende Notwendigkeit des stundenlangen Ansitzens der Naturfotografen eine gemeinsame Chance haben: Die Einnahmen aus der Vermietung der Hütte dienen z.T. Maßnahmen, die das 10 ha große Anwesen seiner Eltern ökologisch aufwerten. 70 % der Fläche sind Hochmoor, die restlichen Flächen Wildblumenwiesen, in die die Vogelhütten eingelassen sind. Durch die Naturschutzmaßnahmen ist es der Familie gelungen, dem seltenen Ziegenmelker einen neuen Lebensraum zu schaffen. Als zusätzliche Besonderheit finden sich in der 1.100 qm großen Freifluganlage weitere seltene Vogelgarten wie der Wendehals, der Pirol, der Seidenschwanz oder das Braunkehlchen. Letzteres ist innerhalb des Naturparks im Bargerveen oder auch im Dalum-Wietmarscher-Moor anzutreffen.
 
Kontakt HJ Vogelkijkhutten (Anmeldung erforderlich; kostenpflichtig):
Informationen über die Anlage des Naturfotografen Jan Willem Klein Tiessink finden Sie unter: https://vogelkijkhut.com/
Henk Jan Klein Tiessink
Schansstraat 50
7825TA Emmen
Tel:  +316-21137470
Mail: hjvogelkijkhutten@gmail.com

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Tipp. Wer Lust auf die seltenen Exoten oder die heimischen Moorvögel bekommen hat:
Naturparkführer und Vogelexperte Erik Bloeming und Naturparkführerin Dr. Silke Hirndorf bieten spezielle Vogelführungen in die Vogelschutzgebiete des Naturparks an - im Frühling zu den Blaukehlchen oder im Winter zu den tausenden von Gänsen. Dabei berichten sie über den Lebensraum Moor, über die Brutvögel, die regelmäßig zu sehen sind aber auch über die seltenen Sommergäste, die man nur mit viel Glück zu Gesicht bekommt.
Autor

Internationaler Naturpark Bourtanger Moor-Veenland
Ordeniederung 1
D-49716 Meppen

Organisation

Internationaler Naturpark Bourtanger Moor-Veenland